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„Cylia!“, rief Idis. „Was machst du denn hier?“

„Schauen, wie ihr vorankommt. Es ist ja schließlich deine letzte Schülerin, und bevor du abhaust, wollte ich einmal schauen, wie es bei dir so läuft.“

„Ja“, erwiderte Idis, „Aber nicht hier im Palast der Vergangenheit. Lena braucht ihre Konzentration und wir wollen nicht gestört werden.“

„Ach, Idislein, ich möchte doch nur schauen, wie ihr euch so macht. Also, wie läuft es denn? Hat deine Kleine ihr Vögelchen schon befreit oder brauchst du immer noch so lange dafür?“, feixte Cylia in einem äußerst überheblichen Ton.

Idis schaute zu Lena hinüber und wurde ein wenig nervös. „Die Schülerinnen brauchen ihre Zeit. Du weißt genau, dass ich keine schnellen Methoden anwende, da die Vögel dann nach kürzester Zeit wieder bei uns landen, wenn sie nicht sogar in der Zwischenzeit sterben. Du weißt das, Cylia, und ich verbitte es mir, dass du dich in meine Arbeit einmischst.“ Idis Augen funkelten vor Wut.

Aber auch Cylias Augen blitzten. Sie war auch eine Mentorin, doch hatte sie sich selbst zu einer solchen ernannt und nutzte zweifelhafte Methoden. Sie nutzte die „schnelle Methode“, wie sie es nannte, aber auch wenn sie immer nach kürzester Zeit Erfolge hatte, war die Rückfallquote ihrer Schülerinnen extrem hoch. Da sie jedoch im Hohen Rat war – sie hatte es über ihr Charisma und ihren großen Ehrgeiz geschafft, aufgenommen zu werden – war sie Idis vorangestellt. Jedoch auch wieder nicht so, dass sie hätte sagen können, was diese zu tun oder zu lassen habe. Sie hatte keine tatsächliche Entscheidungsmacht, da sie lediglich Ehrenmitglied war. Wenn  Entscheidungen getroffen wurden, musste der Hohe Rat zustimmen und sie hatte noch nicht einmal ein Vetorecht. Dennoch versuchte sie es immer wieder, Idis zu bevormunden und sich aufzuspielen.

Idis aber war sich bewusst, dass sie in der Kommunikation mit Cylia keine Fehler machen durfte, denn solche Unstimmigkeiten mit einem Mitglied des Hohen Rates, auch wenn es nur ein Ehrenmitglied war, konnten immer auf sie selbst zurückfallen.

„Cylia, du siehst, dass wir gerade arbeiten und dass eine Störung auf Lena nachteilig wirken könnte. Bitte lass uns daher unser Gespräch auf später verschieben“, versuchte es Idis auf diplomatische Weise.

„Das hättest du wohl gern? Ich komme her, um zu sehen, ob alles gut läuft, auch um dir zu helfen, und du schickst mich weg. Idis, das macht keinen guten Eindruck, wie du weißt“, entgegnete Cylia und wirkte äußerst verletzt.

„Cylia!“ Nun wurde Idis ärgerlich. „Es reicht, lass uns arbeiten und wir reden später. Oder ist es so dringend, was du von mir willst?“

„Gut, dass du fragst. Ich möchte, dass du mir einen kleinen Gefallen tust.“ In Cylias Stimme schlich sich eine zweideutige Sanftmut.

„Einen kleinen Gefallen?“, fragte Idis misstrauisch und ahnte schon was jetzt kommen würde. „Ich möchte deine Schülerin für eine gewisse Zeit unterrichten. Der hohe Rat möchte mich als vollwertiges Mitglied aufnehmen, aber nur unter der Bedingung, dass ich eine weitere Schülerin gehabt habe.“ Cylias Gesicht verformte sich zu einem schiefen Lächeln.

„Huuuuh, das ist ein großer kleiner Gefallen“, dachte Idis. Sie trug ja schließlich die Verantwortung für Lenas  Entwicklung und nun das. „Andererseits ist Lena meine letzte Schülerin und ich kann jetzt keine unangenehmen Zwischenfälle gebrauchen oder das Risiko eingehen, dass Cylia mir nun einen Strich durch die Rechnung macht …“, überlegte sie still bei sich.

„Wie lange brauchst du eine Schülerin?“, fragte sie dann abschätzend.

„Eine volle Zeit“, gab Cylia zur Antwort.

Eine volle Zeit war eine ganze Etappe einer Reise, also zum Beispiel die Reise durch den Palast der Vergangenheit. „Da ich euch aber bereits die ganze Zeit beobachtet habe, könnte es auch lediglich der Rest der aktuellen Etappe sein“, schlug Cylia vor.

Idis schluckte. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. „Lena ist ja sehr begabt und könnte die Situation möglicherweise unbeschadet überstehen. Und… vielleicht ist Cylia ja doch keine so schlechte Mentorin“. Jedoch der Palast der Vergangenheit gab ihr zu denken. „Die Aufgaben müssen ordentlich durchlaufen werden und da könnte Cylia einiges an Unheil anrichten. Denn wenn die Vergangenheit nicht gut durchlaufen wird, dann wird es auch mit der Zukunft Probleme geben. Aber“, fiel ihr ein, „Papili ist ja bei Lena und Lena trägt ihr Seelenkleid. Zudem könnte sie zur Not die Verbindung zu den Vogelfrauen herstellen und ich könnte Lena über Papili erreichen. Es wird schon irgendwie klappen.“

„Gut“, willigte Idis ein. „Wir machen es.“

Cylia lächelte selbstzufrieden. Und wandte sich dann zu Lena. „Lena, komm mit, wir gehen nach oben in den Raum des großen Schatzes.“

Idis wünschte sich in ihr Waldhaus zurück und ging hinab zu Sephora, die in voller Pracht vor ihr stand. Sie konnte ja fühlsehen und spürte, dass Sephora sich wieder verändert hatte. Es waren einige stark leuchtende Federn in Regenbogenfarben im Schwanzgefieder dazugekommen, und diese Federn waren sogar länger geworden. „Schöner Vogel! Lena macht wunderbare Fortschritte! Sephora, bald ist es soweit. Bald seid ihr soweit!“ Und sie lächelte zufrieden.

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Anna Breitenöder,
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