Kurz darauf fuhr Lena durch die schöne Landschaft zum bunten Haus und freute sich auf den heutigen Tag, auf Elina und auf all das, was sie heute lernen würde. Plötzlich klingelte ihr Handy.

Es war wieder einmal Cat. Lena fühlte sogleich dieses seltsame Gefühl in ihrer Magengegend und wusste nicht so recht, ob sie abnehmen sollte oder nicht. „Cat hat mir doch aber gar nichts getan, wieso fühle ich mich dann immer so unwohl, wenn sie anruft?“, fragte sie sich.

Lena nahm den Hörer ab. „Cat?“

„Lena!“, krähte Cat ins Telefon, „Rate mal, was passiert ist! Crazyyyyyyyyyyyyyy  hat mich zu sich nach Malloooooorca eingeladen! Ich fliege heute schon los. Und, Lena, bitte, bitte, bitte, du musst mir helfen. Heute kommt eine total wichtige Kundin und will sich eine Villa anschauen. Kannst du für mich einspringen? Du müsstest ihr einfach nur das Haus zeigen. Das dauert eine halbe Stunde.“

„Ich weiß nicht…“, entgegnete Lena leise.

„Ach bitte, du könntest dazu auch mein kleines Cabrio haben, wenn du willst, dann macht die Fahrt super Spaß! Das machst du doch für mich, bitte!“, drängelte Cat.

„Cat… ich… habe heute…“, begann Lena, aber Cat unterbrach sie.

„Lena! Bitte. Ich habe auch schon sooo viiel für dich getan. Denk an das Morphin, das war nicht leicht! Und, Crazy und ich, das ist DIE Gelegenheit… er ist so toll und ich habe mich einfach unsterblich in ihn verliebt. Das kannst du mir nicht abschlagen, es ist wirklich wichtig“, versuchte Cat sie zu überreden.

Und dann spürte Lena ihr schlechtes Gewissen wegen dem Morphin, das Cat ihr besorgt hatte und stimmte ihr zu. „Gut, ich mach’s.“

„Lena, du bist ein Schatz!“, flötete Cat ins Telefon, „Ich lege dir den Schlüssel unter die Fußmatte bei mir. Und denk dran, die Kundin kommt schon in zwei Stunden!“

„In zwei Stunden? Aber ich muss doch noch Elina Bescheid-“ Lena brach ab, denn Cat hatte aufgelegt.

Mehr und mehr spürte Lena Ärger in sich aufsteigen. Und normalerweise würde sie sich jetzt gleich schuldig fühlen, jedoch bemerkte sie, dass das heute nicht der Fall war. „Nein, ich fühle mich nicht schuldig, ich bin wütend! Auf Cat! Wie kann sie mich nur so behandeln. Ja, das Morphin, sie hat es mir besorgt…“ Lena wurde ein wenig nachdenklich und dann sagte sie zu sich, „Gut, ich werde ihr diesen letzten Gefallen tun, aber dann reicht es!“

Und da waren auch ihre Schmerzen wieder. Starke Schmerzen, so stark wie noch nie… Aber da fiel ihr ein, dass sie gar nicht wusste, wo die Villa denn nun war. Wütend nahm sie den Hörer und wählte Cats Nummer. Aber Cat nahm nicht ab. Sie war wahrscheinlich schon auf dem Weg zum Flieger.

„Was soll ich denn jetzt tun? Einfach nicht hingehen? Zu Elina fahren und einfach in den Unterricht gehen? Zu Idis gehen und um Rat fragen? Aber dazu müsste ich ja schlafen und das kann ich in diesem Zustand gerade einfach nicht…“, dachte sie. „Ich rufe nochmal bei Cat an“, beschloss sie dann und drückte wütend auf die Wahlwiederholungstaste, aber Cat nahm nicht ab. „Sie tut das extra“, kam es da Lena in den Sinn. „Dann muss ich jetzt Elina anrufen. Aber …“, fiel ihr ein, „ich habe ja gar keine Telefonnummer von ihr.“

Also blieb ihr nur, zu Cat zu fahren, den Schlüssel der Villa zu holen und zu hoffen, dass Cat eine Nachricht mit der Adresse der Villa hinterlassen hatte. Erschöpft und fast ohnmächtig vor Wut hielt sie erst einmal an und ließ sich in ihren Sitz sinken. „Wo ist nur der Goldstaub?“, dachte sie und kramte in ihrer Handtasche. „Wahrscheinlich habe ich ihn wieder zu Hause liegen lassen!“, fiel ihr ein und sie sank seufzend noch tiefer in den Sitz. „Dabei wollte ich doch dieses Morphin nicht mehr nehmen, ich hatte es doch versprochen und…“ Lena kramte in ihrer Handtasche, „Hach, die Schmerzen sind so stark… Ich brauche etwas dagegen, ich werde fast wahnsinnig!“ Plötzlich fand sie die Morphinschachtel. Sie hielt kurz inne, aber dann spürte sie ihre Wut und ihre unaushaltbaren Schmerzen, sodass sie nun ein paar Tabletten aus der Packung drückte und schluckte. Wütend drehte sie auf der Straße zu Elina um und fuhr zu Cats Wohnung.

Noch wütender stieg sie die Treppen hinauf und ihre Schmerzen waren so stark wie nie. Den Schlüssel fand sie wie besprochen und es lag auch, wie sie es erhofft hatte, ein Zettel mit der Adresse dabei. Auf dem Zettel war ein kurzes „Danke“ und ein liebloses Herzchen gemalt. Sie ging langsam und vor allem wütend auf sich selbst die Treppen hinunter. „Das ist das letzte Mal, dass ich etwas für Cat getan habe!“, schwor sie sich.

Die Schmerzen hörten einfach nicht auf. Lena stieg in ihr eigenes Auto, denn sie wollte nicht noch Cats Auto benutzen, sie wollte gar nichts mehr von Cat. Sie fuhr los. Nervös und genervt von sich selbst kramte sie in ihrer Handtasche und nahm dann noch ein paar Tabletten. Endlich merkte sie, dass sie etwas ruhiger wurde. Auch die Schmerzen ließen schließlich nach.

„Wann hat Cat eigentlich wirklich einmal etwas Sinnvolles für mich getan? Na gut, sie hat mir das Morphin besorgt… aber… unsere Freundschaft war pure Einbildung.“ Lena lachte verletzt und resigniert und schrie laut, „Immer nur Cat, Cat, Cat! Es reicht mir sowas von!“ Alles nervte sie plötzlich an ihrer vermeintlichen Freundin.

Sie wurde etwas schläfrig und merkte plötzlich, dass es ihr schwer fiel, sich zu konzentrieren. „Ich kann irgendwie immer schlechter atmen, die Luft ist so… dick hier“, dachte sie und ihr Herz begann nun auch immer schneller zu klopfen. Lena bekam etwas Panik, aber gleichzeitig fühlte sie sich zunehmend matter und etwas benommen, so dass sie rechts ranfuhr und eine kleine Pause machte. Fast zwei Stunden war sie nun schon unterwegs. Die Villa müsste sie aber doch eigentlich schon erreicht haben! Als sie sich wieder etwas gefangen hatte, fuhr sie weiter und erreichte schließlich die Straße, in der die Villa sein musste. Dann sah sie, dass die Kundin bereits wartete.

Da, plötzlich stand auch Elina dort, neben der Kundin. „Aber, was macht denn Elina hier?“, staunte Lena verwundert.

Und dann erkannte sie, dass das bunte Haus plötzlich auch dort war. „Bin ich denn im Kreis gefahren?“

Zu Kapitel 17 >>

Deine Anna
...die macht, dass du dich zeigen willst.

 

----

Anna Breitenöder
Personal Branding Expertin & Sehendmacherin